1975 bis 2010

1997

Gipfelstürmer ohne Glück

Rudolf Scharping kam 1997 zum ersten Mal nach Lippstadt

Es war 1987 in Norderstedt, als sich Willy Brandt mit einer Runde von aufstrebenden Sozialdemokraten (Björn Engholm, Oskar Lafontaine, Rudolf Scharping, Gerhard Schröder und Heidi Wieczorek-Zeul) traf, um ihnen über seine Nachfolge im SPD-Parteivorsitz zu sprechen. Mit diesem Treffen bei Hamburg entstand auch der Begriff der „Enkel-Generation“ in der SPD. Als einer der hoffnungsvollsten dieser Gruppe erfüllte schon bald Rudolf Scharping die in ihn gesetzten Hoffnungen und schaffte 1991 eine Sensation: Er wurde Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und schickte nach mehr als vier Jahrzehnten die CDU auf die harten Landtagsbänke der Opposition.

Kanzlerkandidat und Bundesminister

Rudolf Scharping blieb jedoch ein Gipfelstürmer ohne Glück. Der Regierungschef in Mainz stieg in der SPD 1993 zum Parteivorsitzenden und 1994 zum Kanzlerkandidaten auf. Doch der Einzug in die Bonner Regierungszentrale blieb ihm versagt. Nach der Bundestagswahl am 16. Oktober 1994 übernahm er den SPD-Fraktionsvorsitz und die Aufgabe des Oppositionsführers im Bundestag. Im November 1995 wurde er auf dem Mannheimer SPD-Parteitag in einer Kampfabstimmung von seinem Herausforderer Oskar Lafontaine als SPD-Parteivorsitzender gestürzt. Mit der Kanzlerschaft von Gerhard Schröder folgte im Oktober 1998 seine Berufung zum Verteidigungsminister und im Sommer 2002 die Entlassung aus diesem Amt. Damit war schon früh das politische Schicksal des 1947 geborenen Sozialdemokraten besiegelt. Unterdessen ist der passionierte Freizeitradsportler der Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer e.V. mit seinem Sitz in Frankfurt am Main.

Kanzlerkandidat Rudolf Scharping.Dieses Foto mit dem Pfälzer (Mitte) entstand am 22. Mai 1994 im Dortmunder Hoeschpark bei einem Europafest der SPD. Mit im Bild von links nach rechts sind Wolfgang Schulte Steinberg, Hans Zaremba, Karl-Heinz Brülle, Eike Hovermann und Klaus Helfmeier.

Innovationszentrum und Kosovo

Während seines Engagements an der SPD-Spitze absolvierte Rudolf Scharping eine Fülle von Besuchen an der Basis. Dreimal war er auch in Lippstadt. 1997 als Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion, wo er sich in dem gerade entstehenden Technologiezentrum „Car Tec“ einen unmittelbaren Eindruck verschaffte und nach einem Artikel der Tageszeitung „Der Patriot“ vom 19. September 1997 die „Innovative Einrichtung“ lobte („Das finde ich prima“) und zugleich Kritik an der Bildungspolitik übte. Während des Bundestagswahlkampfes 1998 unternahm der SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag eine Radtour durch Deutschland, die ihn am 13. August in die Stadt an der Lippe führte. Als Bundesminister der Verteidigung kam der Pfälzer 1999 erneut nach Lippstadt. In einer gut und von vielen jungen Menschen besuchten Veranstaltung im Palmengarten am Tivoli oblag es ihm, den Einsatz der Bundeswehr auf dem Balkan zu rechtfertigen. Keine einfache Aufgabe für den SPD-Mann als Chef auf der Hardthöhe, weil der Angriff der Nato auf Jugoslawien im Kosovo-Krieg und die deutsche Mitwirkung in etlichen Teilen der Bevölkerung auf Kritik stieß.