1975 bis 2010

1998

Gerhard Schröder wird Bundeskanzler

Sozialdemokraten und Grüne bilden in Bonn die neue Bundesregierung

Er war der letzte Bundeskanzler, der noch in Bonn vom Bundestag in das Amt des Regierungschefs der Bundesrepublik Deutschland gewählt wurde, und nach 1945 der dritte Sozialdemokrat, der eine Regierung unter Führung seiner Partei bildete. Von Dienstag, 27. Oktober 1998, bis Dienstag, 22. November 2005, war Gerhard Schröder der siebte Premier der im Mai 1949 gegründeten und zweiter Kanzler der durch die Wiedervereinigung im Oktober 1990 größer gewordenen Bundesrepublik Deutschland.

Kompletter Regierungswechsel

Getragen von dem großen Erfolg der SPD bei der Wahl am Sonntag, 27. September 1998, wo die Sozialdemokratie mit 40,9 Prozent nach 1972 zum zweiten Mal zur stärksten Fraktion im Bundestag aufstieg, wurde Gerhard Schröder einen Monat später mit 351 von 666 Stimmen zum siebten deutschen Bundeskanzler berufen. Mit der von ihm repräsentierten Koalition aus SPD und Grünen wurde erstmals in der Nachkriegsgeschichte in Deutschland eine amtierende Bundesregierung komplett abgelöst. Die bisherigen Wechsel beruhten auf Veränderungen bei den Seniorpartnern der jeweiligen Regierungen. So am Dienstag, 21. Oktober 1969, mit der Wahl von Willy Brandt zum Chef des sozialliberalen Bündnisses von der CDU zur SPD und am Freitag, 1. Oktober 1982, mit dem Sturz des Bundeskanzlers Helmut Schmidt infolge des Überlaufens der FDP zur Union von der SPD zur CDU.

Gerhard Schröder in Lippstadt.Als Bundesvorsitzender der Jungsozialisten war der spätere Kanzler im Frühjahr 1979 an die Lippe gekommen. Auf dem im Cafe Bergschneider entstandenen Foto sind neben dem prominenten Gast aus Niedersachsen (zweiter von rechts) von links nach rechts Heinz-Hermann Peters, Hans Zaremba und der in 2006 verstorbene Horst Heckemüller abgebildet.

Neue soziale Bewegungen

Mit dem Ministerpräsidenten von Niedersachsen der Jahre von 1990 bis 1998, Gerhard Schröder, zog nach 16 Jahren wieder ein Sozialdemokrat in das Kanzleramt ein. Zum ersten und bislang einzigen Mal bekam ein Kanzler bei seiner Wahl im Bundestag mehr Stimmen als seine Koalition Abgeordnete im Parlament stellte. Wo nun zum ersten Mal Vertreter der „neuen sozialen Bewegungen“ in die Regierung gelangten, wurde schnell vom „Projekt Rot-Grün“ gesprochen, das einen Wandel in der politischen Kultur verkörpern sollte. Beachtlich war, dass diese Verbindung trotz enormer und (insbesondere durch Veränderungen im Kabinett) personeller Probleme in der Periode von 1998 bis 2002 auch bei der Wahl am Sonntag, 22. September 2002, noch einmal eine (knappe) Mehrheit erringen konnte. Zum Ausgang der Bundestagswahl im Jahr 2002 ist mehr auf der Seite 58 dieser Publikation zu finden.