Ausgabe Dezember 2014: Grünkohlabend zum Jahresabschluss

Parteigeschichte

Blickten auf eine spannende Zeit zurück:Die von links nach rechts abbildeten Mitglieder des Lippstädter SPD-Ortsvereins, Karl-Heinz Brülle, Elmar Arnemann und Bernhard Scholl, schilderten im Stadtmuseum zur Eröffnung der Ausstellung „Fahrten in ein unbekanntes Land“ ihre nach dem Mauerfall bei ihren Stippvisiten in Oschatz in der damaligen (Noch-) DDR und aus den Begegnungen bei den Besuchen der Sozialdemokraten aus Sachsen in Lippstadt gewonnenen Eindrücke. Fotos (2): Mathias Marx

Politisches Einmaleins

Auch die Begegnungen mit den Sozialdemokraten aus Sachsen in Lippstadt, wo meist Fragen zum politischen Einmaleins auf der Tagesordnung standen, wurden in der vom Kreistagsabgeordneten Dr. Nils Duscha und Lippstädter Ratsmitglied Hans Zaremba geführten Gesprächsrunde aufgegriffen. Während es Karl-Heinz Brülle (der wie kaum ein anderer aus der Lippstädter SPD das Innenleben der Sozis kennt) oblag, vor einem Vierteljahrhundert den Gästen aus dem Kreis Oschatz die Strukturen und Abläufe seiner Partei näherzubringen, war der Part von Elmar Arnemann als bildungs- und kulturpolitischer Sprecher der SPD-Ratsfraktion, die Bildungspolitik mit seinen föderalen Strukturen in Westdeutschland und am Beispiel von Lippstadt die Schullandschaft zu erläutern. Bernhard Scholl, damals auch ehrenamtlicher Referent der Industriegewerkschaft Metall (IGM), hatte im Frühjahr 1990 die Aufgabe gemeinsam mit dem Sekretär der IGM, dem SPD-Mitglied Michael Datzkow, die Aspekte „Betriebsräte“ und „Mitbestimmung“ darzustellen. Daneben nutzten die Gäste aus Oschatz und dem Umland der sächsischen Kreisstadt bei ihren Fahrten nach Lippstadt auch die Möglichkeiten, zu ihren Fragen zum künftigen Leben in der für sie vor 25 Jahren weitgehend unbekannten Gesellschaft Antworten zu bekommen. So vermittelten Sozialdemokraten aus Lippstadt mit dem Ex-Stadtverordneten Willi Kröger einer jungen Ärztin aus Mügeln wertvolle Tipps, sich im neuen staatlichen Umfeld als niedergelassene Allgemeinmedizinerin zu betätigen.

Aktuelle Situation

Zudem gaben die drei Lippstädter Sozialdemokraten auch Einschätzungen zur Entwicklung nach dem Ende der DDR bis zur aktuellen politischen Situation in den neuen Ländern ab, die nach den Worten von Elmar Arnemann für seine Partei bitter erscheint. Von den 126 Landtagsabgeordneten in Dresden stellen die Sozialdemokraten ganze 18 Parlamentarier, im Kreistag an der Döllnitz 17 von 80 Mitgliedern und in Oschatz sieht es bei einem SPD-Kommunalpolitiker von 26 Stadtvertretern noch trüber für die SPD aus. „Offensichtlich haben sich vierzig Jahre DDR nachhaltiger ausgewirkt, als die zwölf Jahre der NS-Zeit, die nach 1945 beim Wiederaufbau der Demokratie im Westen zu bewältigen waren“, analysierte der Pädagoge die relativ starke Stellung der heutigen Nachfolgepartei der SED, Linke, in den ostdeutschen Ländern. Für Westdeutsche sei es nur schwer einzusehen, dass es in der SED nicht nur Stasi-Spitzel gab, sondern auch pragmatische Kümmerer, die bis in die Gegenwart über ein funktionierendes Netzwerk verfügen.