Einblick in Geschichte und Gegenwart

Arbeiterwohlfahrt erkundete die Bundeshauptstadt Berlin

Wenn in diesen Tagen in den Medien vom Ende des Zweiten Weltkrieges die Rede ist, dann sind es vorwiegend Berichte über die von den alliierten Truppen befreiten Konzentrationslager und der durch den Luftkrieg zerstörten deutschen Städte. Dabei wird häufig das große Leid jener Menschen übersehen, die von den Schergen der Hitler-Diktatur aus den von der Wehrmacht besetzten Staaten zur Zwangsarbeit in Deutschland herangezogen wurden.

Gruppenbild der AWO-Reisegruppe im Bundesaußenministerium am Werderischen Markt in Berlin:Vorne links im Bild Helmut Bäcker aus Wickede, der die Exkursion aus dem Kreis Soest im Auftrag des Bundestagsabgeordneten Wolfgang Hellmich betreute, und rechts neben ihm der stellvertretende AWO-Kreisvorsitzende Hans Zaremba aus Lippstadt.

Unterwerfungen

Welche barbarischen Unterwerfungen (kärgste sanitäre Anlagen, spartanische Schlafplätze und anspruchslose Wohnstuben bei mangelhafter Ernährung) die von den NS-Häschern rekurrierten Zwangsarbeiter in Deutschland ausgeliefert waren, erfuhr jetzt eine Gruppe der Arbeiterwohlfahrt (AWO) aus dem Kreisgebiet bei ihrer Führung durch das im Osten der Bundeshauptstadt beheimatete Dokumentationszentrum der NS-Zwangsarbeit. Die vom Bad Sassendorfer Bundestagsmitglied Wolfgang Hellmich (SPD) eingeladenen Berlin-Besucher konnten sich beim Rundgang durch die Baracken und über das weitläufige Areal in Berlin-Oberschöneweide einen unmittelbaren Eindruck über die Organisation des massenhaften Einsatzes und den vom Rassismus geprägten Alltag der Zwangsarbeiter verschaffen. Spätestens nach der Ende 1941 gegen die Sowjetunion gescheiterten Offensive vor Moskau waren diese Menschen für die deutsche Kriegswirtschaft unerlässlich, Ende 1944 mussten sich mehr als 7.5 Millionen ausländische Arbeitskräfte in fast allen Bereichen der deutschen Wirtschaft (in der Rüstungsindustrie, bei der Ernte und Müllabfuhr, im Handwerksbetrieb und als Dienstmädchen in privaten Haushalten) der Nazi-Willkür beugen.

Ein Zeugnis von den kärglichen Verhältnissen in der Wohnbaracke für Zwangsarbeiter in Berlin:Eines von drei Becken in einer Waschkaue, wo es nur kaltes Wasser gab.

Bedingungen

Die meisten von ihnen lebten in Lagern, von denen in Deutschland rund 30.000 existierten und in denen je nach Verpflichtungsart und Herkunft der Arbeitskräfte unterschiedlichste Bedingungen herrschten. Je tiefer die ‚Fremdarbeiter‘ in der Rassenlehre der NS-Ideologie angesiedelt waren, desto schlechter waren ihre Lebensbedingungen. So auch im Osten von Berlin, wo ab 1943 im Auftrag des „Generalbauinspektors für die Reichshauptstadt“ für über 2.000 Arbeitskräfte in der Nähe großer Rüstungsbetriebe ein Lager mit 13 Unterkunftsbaracken aus Stein errichtet wurde. Hier waren zivile Zwangsarbeitskräfte verschiedener Nationalitäten, italienische Militärinternierte sowie weibliche KZ-Häftlinge einquartiert. Heute erinnert das im Sommer 2006 eröffnete Dokumentationszentrum an diese dunkle Zeit der 1940er Jahre. Von den noch vorhandenen und Denkmalschutz stehenden sechs Baracken wurden bisher zwei als Ausstellungs- und Seminargebäude umgebaut. Der Ausstellungs-, Archiv- und Lernort, eine Abteilung der Berliner Stiftung Topographie des Terrors, wird fortgesetzt weiterentwickelt.

Momentaufnahme aus dem Reichstag:Dort informierte sich die AWO-Gruppe über die Arbeitsweise des deutschen Bundestages. Fotos (3) aus dem Fundus von Hans Zaremba

Programm

Über diesen belasteten Ort hinaus beinhaltete das vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung erstellte Programm auch eine Stippvisite im Auswärtigen Amt sowie eine Besichtigung des Plenarsaals mit einem Vortrag über die Geschichte des Reichstagsgebäudes sowie die Aufgaben und Arbeit des Deutschen Bundestages. Darüber hinaus gehörte für die 50 Frauen und Männer umfassende Equipe eine Führung durch die Dauerausstellung „Alltag in der DDR“ im Museum der Kulturbrauerei zum Ablauf der drei Tage an der Spree. Abgerundet wurde die gut organisierte Reihenfolge der AWO-Tour nach Berlin mit einer Stadtrundfahrt, die im Wesentlichen an politischen Gesichtspunkten in der deutschen Metropole ausgerichtet war.

Hans Zaremba