Kostenfrei von der Kita bis zur Uni

SPD-Vizevorsitzende Andrea Nahles zu Gast in Lippstadt

Für ein kostenfreies Bildungssystem von der Kindertagesstätte bis zur Universität trat die stellvertretende Parteivorsitzende der SPD, Andrea Nahles, am Dienstagabend bei ihrem Besuch in Lippstadt ein, wozu sie vom heimischen Bundestagskandidaten ihrer Partei, Wolfgang Hellmich, und den Jungsozialisten gewonnen wurde. In der gut besuchten und mehrfach von spontanen Beifall unterbrochenen Veranstaltung „Bildung für alle“ sprach sich die Sozialdemokratin auch für ein Ende des dreigliederigen Schulsystems und für die Durchsetzung von Gesamtschulen als Ganztagsangebote aus.

Werben für ein kostenfreies Bildungssystem.Von links nach rechts die Lippstädter Landtagsabgeordnete Marlies Stotz, die prominente Spitzenpolitikerin Andrea Nahles, der heimische Bundestagskandidat Wolfgang Hellmich und der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Hans Zaremba.

Eltern-Kind-Zentren

Ebenso forderte die Repräsentantin des linken Flügels der SPD, die im Kompetenzteam von Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier für Bildung und Integration zuständig ist, das im Grundgesetz verankerte und von der Föderalismuskommission 2006 beschlossene Kooperationsverbot für den Bund und die Länder in Bildungsfragen wieder zu lockern. „Bislang ist die Kooperation von Bund und Ländern nur in Notfällen möglich. Das kann man ändern, indem man den Artikel 104 des Grundgesetzes reformiert und eine generelle Zusammenarbeit ermöglicht“, erklärte die aus Rheinland-Pfalz stammende Spitzenpolitikerin der SPD. Das Kooperationsverbot legt fest, dass der Bund keine nennenswerten Finanzmittel in Bereiche lenken darf, für die ausschließlich die Länder zuständig sind. Dieses Hemmnis war auch aufgetreten, als der Bund aus dem Konjunkturpaket II den Schulen Investitionsmittel zukommen lassen wollte. Darüber hinaus wolle die SPD die Kindertagesstätten zu Eltern-Kind-Zentren ausbauen und mit Bundesmitteln fördern. Die gegenwärtig in Nordrhein-Westfalen und auch in Lippstadt entstandenen Familienzentrum könnten infolge ihrer nicht ausreichenden finanziellen Ausstattung durch das Land, eine ganzheitliche Entwicklung von Kind und Elternhaus nicht ausreichend leisten.

Schulsozialarbeit an allen Schulen.Dafür setzte sich Andrea Nahles (Bildmitte) bei ihrem engagierten Vortrag in Lippstadt ein. Mit ihm Bild die Lippstädter Landtagsabgeordnete Marlies Stotz und der Bundestagskandidat der SPD, Wolfgang Hellmich.

Schulsozialarbeit

Der von Andrea Nahles im Kasino an der Südstraße propagierte „Bildungsaufbruch in Bund und Ländern“ müsse durch Ganztagsschulen mit begleitender Sozialarbeit an Schulformen erfolgen, womit die bei den örtlichen Sozialdemokraten offene Türen einrannte. Integrierte Angebote für Haupt- und Realschulen („Mit individueller Förderung und entsprechenden Aufstiegschancen“) und Schüler-Bafög („Damit die soziale Herkunft nicht zu einem zusätzlichen Kriterium der Auslese wird“) waren weitere Positionen des engagierten Vortrages der ehemalige Bundesvorsitzenden der Jungsozialisten (von 1995 bis 2000) in Lippstadt. Für unerlässlich halte sie zudem Rechtsansprüche auf einen Schulabschluss und Ausbildung. „Nur wer Abschluss und Ausbildung hat, wird in der Zukunft an der Gesellschaft teilhaben können“, unterstrich die auch als Kommunalpolitikerin (seit 1999 im Kreistag Mayen-Koblenz) tätige SPD-Frau. Sorge bereite ihr, dass 500.000 Einwanderer mit einem akademischen Abschluss jahrelang darauf warten, ob dieser Abschluss in Deutschland anerkannt wird. „Wir wollen ein Anerkennungsgesetz erlassen, das jedem eine Entscheidung binnen sechs Monaten garantiert“, kündigte die 1998 zum ersten Mal in den Bundestag eingezogene 39jährige Politikerin an.

Gut besucht und häufiger spontaner Beifall.Die öffentliche Veranstaltung mit Andrea Nahles im Lippstädter Kasino stieß auf ein großes Interesse.

Bildungssoli

Kritik übte sie auch der Praxis vieler Unternehmen, Absolventen von Hochschulen keinen Job, sondern lediglich einen Praktikum ohne Vergütung anzubieten. Nur wenige erhielten nach sechs Monaten einen Arbeitsplatz. „Die meisten werden einfach nur ausgebeutet“. Für die Finanzierung des ehrgeizigen Bildungsprogramms ihrer Partei solle, so die selbstbewusste Vizevorsitzende der SPD, ein Bildungssoli für Spitzenverdiener (für Ledige über 125.000 Euro und für Eheleute, die mehr als 250.000 Euro im Jahr verdienen) eingeführt werden. Zugleich forderte sie die Einführung einer Börsenumsatzsteuer, „damit die Lasten aus der Krise gerecht verteilt werden können und die Beschleunigung in der Spekulation abgebremst werden kann“.