Vorfahrt fürs Fahrrad neu beleben

Tempo 30 in der Innenstadt überfällig

„Vorfahrt fürs Fahrrad“ hatten die Lippstädter Sozialdemokraten bereits vor 30 Jahren zu ihrem Rezept für den innerstädtischen Radverkehr erkoren. Darauf blickte der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Hans Zaremba am Dienstagabend zurück, als er im „Alten Brauhaus“ den Dialog seiner Partei „Radwege im Brennpunkt“ eröffnete. „Unterstrichen haben wir dies damals auch mit einem eigens aufgelegten Aufkleber, der etliche Räder im Stadtbild schmückte.“

Tempo 30 in der Innenstadt:Dafür traten beim Radwegedialog des Lippstädter SPD-Ortsvereins (von links nach rechts) Hans Zaremba, Udo Strathaus, Christian Ringel, Gernot Plack und Manfred Scholz ein.

Cappelstraße und Woldemei

Einer, dessen Rad auch heute noch dieses Label aus den 1980er Jahren ziert, ist der frühere Ratsherr Bernhard Scholl aus dem Südwesten, der an die vielfältigen Initiativen, Papiere und Anträge aus der SPD erinnerte, dem Fahrradfahrer einen höheren Stellenwert einzuräumen. „Leider sind viele unserer Ideen den Mehrheitsverhältnissen im Stadtrat zum Opfer gefallen.“ Nun haben die Sozialdemokraten einen neuen Anlauf unternommen, die Situation für die Radler in Lippstadt zu verbessern. Ihr Ortsvereinschef Zaremba begrüßte, dass sich der ADFC (Allgemeiner Deutscher Fahrrad-Club e.V.) als Ortsgruppe neu formiert und diese Vereinigung durch ihr Engagement die alte Devise der SPD („Vorfahrt fürs Fahrrad“) wieder aufgegriffen habe. Vom örtlichen ADFC-Repräsentanten Christian Ringel wurden in dem vom verkehrspolitischen Sprecher der SPD-Ratsfraktion, Udo Strathaus, moderierten Treffen jene Mängel dargelegt, die seine Organisation im Radwegenetz festgestellt habe. Als problematisch bezeichnete er die Verhältnisse in der Cappelstraße und auf der Woldemei. Als durchgreifende Maßnahme wünscht sich Ringel, „die durchgängige Einführung von Tempo 30 im gesamten Bereich der Altstadt“.

Passionierter Radler:Der ehemalige Ratsherr Bernhard Scholl, der an viele Initiativen seiner Partei für eine Verbesserung des Fahrradverkehrs in Lippstadt erinnerte.

‚Drängelgitter‘ und ‚Poller‘

Sie wurde auch von dem im Stadthaus als Radwegeplaner tätigen Gernot Plack befürwortet. Allerdings sollte sie beschlossen werden, wenn die Ergebnisse aus dem jetzt auf dem Weg gebrachten „Integrierten Handlungskonzept Altstadt“ vorliegen, das auch die Aspekte Fußgänger, Radfahrer und Geschwindigkeiten beinhalte. Dass diese Temporeduzierung, die schon 1993 in Lippstadt ein Thema war, für eine Verbesserung des Fahrradverkehrs in der City unerlässlich ist, war aus allen Wortmeldungen hören. Unterstützt wurde dieses Ansinnen auch von Manfred Scholz, dem Fahrradbeauftragten der Stadt Soest, der seine Eindrücke schilderte, der als Auswärtiger in Lippstadt bei den Inspektionen des ADFC gewonnen habe. „Es gibt in Lippstadt eine Menge an Entwicklungspotential“, meinte der Mann aus dem Soester Rathaus. Dabei regte er an, die Cappelstraße von jenen Verkehren zu befreien, „die dort nichts zu suchen haben“. Ein Appell ganz nach dem Geschmack des im Publikum sitzenden Geschäftsmannes Uwe Stedtfeld, der diese Forderung vor einigen Wochen bereits in einem Bürgerantrag formuliert hatte. Als nicht immer dienlich bezeichnete der Gast aus der Kreisstadt einige der „Drängelgitter“ und „Poller“ im Stadtgebiet. Sie sollten nach seiner Auffassung „nicht generell abgeschafft werden“, allerdings sei zu prüfen, „wo sie wirklich notwendig sind“. Ebenso trat Scholz dafür ein, in Lippstadt das Radfahren entgegen dem Verlauf von Einbahnstraßen auszuweiten. „Dies hat sich bewährt“, lautete sein Credo.

Stimmten in der Analyse überein:Manfred Scholz (links), Fahrradbeauftragter der Stadt Soest, und Gernot Plack, Radwegeplaner der Stadt Lippstadt.

Rietberg und Lippstadt

Was zeichnet eigentlich Rietberg aus, was Lippstadt nicht hat? Diese Frage stellten sich bereits vor vier Jahren viele Bürger an der Lippe, als die Emsstadt den Zuschlag für die Landesgartenschau 2008 bekam und die Lippstädter Bewerbung erfolglos blieb. Auch bei den fahrradfreundlichen Kommunen haben die Nachbarn aus dem Kreis Gütersloh nun erneut die Nase vorn, wo ihre Aufnahme in den Kreis der fahrfreundlichen Städte in Nordrhein-Westfalen besiegelt ist. Ein Ziel, woran in Lippstadt noch gearbeitet werden muss, wie dies der städtische Bedienstete Gernot Plack eingestand, als er die vom Stadt- und Verkehrsbüro Kaulen aus Aachen erarbeitete Bestandsaufnahme für die Radverkehrsplanung in der SPD-Veranstaltung präsentierte. Diese Überlegungen sollen nach einer dritten Runde im städtischen Arbeitskreis dem Stadtentwicklungsausschuss vorgelegt werden. Mathias Marx, SPD-Arbeitskreismitglied, wünscht sich mit Blick auf die steigenden Unfallzahlen auf den innerstädtischen Radwegen eine rasche Umsetzung der vom Aachener Ingenieurbüro empfohlenen Maßnahmen. Lob spendete Uwe Stedtfeld den Veranstaltern, mit diesem Forum dem Radfahrer als Verkehrsteilnehmer eine öffentliche Debatte gewidmet zu haben. Daraus sollte der eine oder andere Antrag abgeleitet werden, wozu auch die Installierung eines Fahrradbeauftragten in der Lippstädter Stadtverwaltung gehöre. Optimistisch gab sich Diskussionsleiter Udo Strathaus, schon bald den Fahrradverkehr in Lippstadt deutlich zu erhöhen und ebenfalls in den Verbund der fahrfreundlichen Städte zu gelangen. Eine Perspektive, die, so der SPD-Kommunalpolitiker, „für eine Förderung von städtebaulichen Maßnahmen in Lippstadt von nicht unerheblicher Bedeutung ist“.

Lob für den Veranstalter:Der Lippstädter Geschäftsmann Uwe Stedtfeld (Zweiter von rechts) begrüßte die Initiative der SPD, einen Radwegedialog auszurichten.