Ausgabe Nr. 11/2012: Wohin steuert die Sozialdemokratie?

Europapolitik

Übereinstimmendes Ja zum Euro: Jürgen Riepe und Birgit Sippel beim Lippstädter Dialog.

Eloquenter Sparkässler

„Jedoch müssen wir diesen Staaten auch die notwendige Zeit für ihre Programme einräumen“, forderte der Banker etwas mehr an Geduld für die durch die Schuldenkrise am ärgsten betroffenen Nationen. Für den eloquenten Sparkässler ist die momentane Krise nicht allzu schnell zu überwinden. Mit den augenblicklichen Handlungen der EZB und Rettungsschirmen könne allenfalls „Zeit gekauft“ werden. Jürgen Riepe: „Entscheidend für eine Überwindung der Krise sind die Wettbewerbsfähigkeit und Haushaltskonsolidierung im gesamten Euroraum.“ Es sei für ihn unabwendbar, dass auch Deutschland als Exportnation im eigenen Interesse die Schulden der anderen Staaten mittrage. Überdies äußerte Jürgen Riepe sein Nein zur Einführung von Eurobonds („Nicht zum jetzigen Zeitpunkt“) und sein klares Ja zum Euro („Für die DM gibt es keine Rückkehr“).

Ehemalige Ratsfrau

Genauso nachdrücklich war das Bekenntnis der Europapolitikerin Birgit Sippel zum Euro. Scharf kritisierte sie die Spekulanten, die mit ihren Zinswetten gegen einzelne Nationen einige Staaten regelrecht herunterziehen würden. Zugleich warb sie um Verständnis für die Griechen. Würde man die griechische Sparpolitik proportional in Deutschland umsetzen, wäre das mit einer Reduzierung der Renten von fast 16 Prozent verbunden. Gravierend wären bei einer Übertragung des Sparprogramms der Hellenen auf die Deutschen auch die Kürzungen bei der Gesundheit (10,2 Punkte) und gesamten öffentlichen Bildung (5,3 Zähler). „Es geht nicht um Deutschland gegen Griechenland, sondern um die Interessen der Menschen“, verlangte die Sozialdemokratin eine größere Solidarität mit dem von der Schuldenkrise hart gebeutelten Volk in Südosteuropa. Zudem unterstützte sie das Verlangen der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen, Vermögen ab zwei Millionen Euro künftig mit einem Prozent zu besteuern. „Starke Schultern können auch mehr tragen“, unterstrich die frühere Arnsberger Ratsfrau. Klage übte Birgit Sippel an der Haltung der Bundesregierung bei der Lösung der europaweiten Finanzprobleme („Es ist keine Eurokrise, die wir erleben, aber eine Staatsschulden- und Finanzmarktkrise“). Die Berliner Koalition reagiere zögerlich, statt mutig zu agieren. „Das Europäische Parlament hat seine Hausaufgaben gemacht und Schritte gefordert, die nun zu gehen sind.“ Dazu gehöre die Finanztransaktionssteuer, die auf den Handel mit Wertpapieren (Aktien, Anleihen, Derivate, Zertifikate und Schatzbriefe), Rohstoffen und Devisen erhoben werden soll, Eurobonds, das Verbot riskanter Spekulationen, die Rückführung der Banken auf ihre Kernaufgabe und damit die Trennung vom riskanten sogenannten Investmentbereich. Ebenso nahm sie zu den Staatsschulden in Europa einen unmissverständlichen Standpunkt ein: „Auch Deutschland hat die selbst gesetzten Stabilitätskriterien nicht eingehalten, allerdings mit 82 Prozent Staatsverschuldung einen Spitzenplatz innerhalb der Europäischen Union“. Andere zu rügen, reiche daher nicht aus. „Wir brauchen in Gestalt der Kommission eine Wirtschaftsregierung, die gemeinsam mit dem europäischen Parlament die Einhaltung von Kriterien überwacht“ lautete die Botschaft der seit Sommer 2009 dem Europaparlament angehörenden Sozialdemokratin.