Strategisches Zentrum für Jugendliche

Manfred Walhorn zur Arbeit der Jugendämter

Als „Kern der kommunalen Selbstverwaltung“ charakterisierte Ministerialdirigent Manfred Walhorn, beim SPD-Empfang anlässlich des vor zwei Jahrzehnten vom Stadtrat gefassten Beschlusses, ein eigenes Jugendamt einzurichten, die Aufgabe der Jugendbehörden zwischen Rhein und Weser. Der Abteilungsleiter für Kinder und Jugend aus dem von der auch in Lippstadt gut bekannten SPD-Politikerin Ute Schäfer geleiteten Landesministerium für Familie, Kinder, Jugend, Kultur und Sport war auf Einladung der heimischen Landtagsabgeordneten Marlies Stotz zu den Sozialdemokraten ins „Mikado“ gekommen.

Beifall für einen interessanten Einblick:Der Vorsitzende des Jugendhilfe- und Sozialausschusses der Stadt Lippstadt, Hans Zaremba (links), und die Landtagsabgeordnete Marlies Stotz applaudieren dem Ministerialdirigenten Manfred Walhorn für seine Schilderungen zur „Entwicklung der Jugendhilfe in Nordrhein-Westfalen“. Foto: Mathias Marx

Rechtsanspruch

„Es gibt kaum ein anders Feld in der Politik und in der Verwaltung, welches so eng mit gesellschaftlichen Auseinandersetzungen verbunden ist“, veranschaulichte der Beamte aus Düsseldorf die Aufgaben der kommunalen Jugendämter. Zugleich stellte er die Eigenheit der Jugendbehörden als sozialpädagogische Einrichtung und ihre besondere Verfasstheit als Institution, bestehend aus Verwaltung und Jugendhilfeausschuss, heraus. Durch diese Konstruktion könne eine gehörige Schlagkraft für die Gestaltung in der Praxis herbeigeführt und das Profil der Jugendhilfe bestimmt werden. „Wenn ich also dem Amt gratuliere, dann gelten meine Glückwünsche gleichzeitig den Mitgliedern des Jugendhilfeausschusses“, betonte der im nahen Gütersloh beheimatete Gast der Lippstädter SPD. Überdies erinnerte Walhorn an dem 1996 – ein Jahr nach dem Votum für ein Stadtjugendamt – vom Bundestag verabschiedeten Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz für Kinder ab drei Jahre. Diese Verfügung habe ihren Ursprung in den Überlegungen der einstigen Bundesministerin für Jugend, Familie und Gesundheit, Katharina Focke (SPD) für ein neues Jugendhilferecht aus dem Jahr 1974. Mit dieser Regelung sei den Jugendämtern zwangsläufig eine besondere Bedeutung zugefallen, um die kommunalen Voraussetzungen für die Umsetzung der noch in Bonn gefassten Entscheidung zu schaffen. In der Folge seien in den vergangenen 19 Jahren für die Kitas im Stadtgebiet insgesamt 5.362 Millionen Euro an Bundes- und Landesmittel nach Lippstadt geflossen. Dadurch konnten an der Lippe die stolzen Versorgungsquoten von 99 Prozent (bei den über dreijährigen Kindern) und 39 Prozent (für die unter dreijährigen Kids) erzielt und ein „rasanter Wandel der Kitas zu Familienzentren“ bewirkt werden.

Profilschärfe

Darüber hinaus wünschte Walhorn, der Bildung in der Jugendhilfe mehr Profilschärfe zu geben und die Zusammenarbeit mit den Schulen auszubauen. Auch der Aspekt „der frühen präventiven Arbeit und den Kinderschutz“, auch in der jüngsten Sitzung des Lippstädter Jugendhilfe- und Sozialausschusses ein Punkt, wurde von ihm angesprochen. Obendrein betrachtete er die Hilfen zur Erziehung, die gleichfalls im Mai Thema im Jugendhilfe- und Sozialausschuss waren: „Die Explosion dieser Aufwendungen zeige, wie fragil die Situation in vielen Familien geworden ist.“ Erziehung werde zu einer Mammutaufgabe, die Eltern allein immer weniger meistern könnten. „Aber junge Menschen sind auch konfliktträchtiger geworden“, fügte der Ministerialdirigent hinzu. Zudem setzte sich der Landesbedienstete mit der These „Sind die Jugendämter offensiv genug aufgestellt?“ auseinander. Nach seiner Einschätzung befinden sich die Jugendbehörden in einer besonderen Schwierigkeit: „Allein mit den Mittel der Pädagogik lassen sich die Probleme junger Menschen nicht lösen.“ Hinzukommen müssen Ansätze, die struktureller Art sind und in anderen Politikfeldern liegen. Das erfordere auch ein größeres politisches Verständnis von sozialer Arbeit, weshalb sich Jugendämter als „strategisches Zentrum für Kinder und Jugendliche“ begreifen sollten.

Hans Zaremba