Disput über den Kurs der Sozialdemokratie

Mit Friedhelm Farthmann und Christoph Zöpel im April 1997

Mit den ehemaligen Landesministern für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Friedhelm Farthmann, und für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr, Christoph Zöpel, waren am Freitag, 18. April 1997, zwei prominente Sozialdemokraten an die Lippe gekommen, um an der Parteibasis über den Kurs der Sozialdemokratischen Partei Deutschland zu diskutieren. Zudem war es damals gelungen, mit dem nur 18 Monate später – am 8. Oktober 1998 – verstorbenen Hörfunkredakteur Falk vom Hofe aus dem Düsseldorfer WDR-Landesstudio einen anerkannten Moderator für den SPD-Disput zu verpflichten.

Zeigte im April 1997 eine kritische Distanz zu einer rot-grünen Bundesregierung auf:Friedhelm Farthmann (links) mit dem Moderator des Abends, dem im Oktober 1998 verstorbenen Falk vom Hofe.

Vorkämpfer unterschiedlicher Konturen

Ähnlich wie derzeit in 2017 wurde auch vor zwei Jahrzehnten über die programmatische Ausrichtung der SPD diskutiert und mit welchen Rezepten sie wieder einen Regierungschef aus ihren Reihen in dem damals noch in Bonn beheimateten Kanzleramt platzieren könne. Mit Friedhelm Farthmann, am 25. November 1930 im ostwestfälischen Bad Oeynhausen geboren, und Christoph Zöpel, der am 4. Juli 1943 im oberschlesischen Gleiwitz auf die Welt kam, hatte der SPD-Ortsverein Lippstadt zwei Vorkämpfer mit unterschiedlichen sozialdemokratischen Konturen für das reizvolle Streitgespräch im April 1997 im noch nicht restaurierten ehemaligen britischen Offiziersheim und heutigen „Kasino“ gewinnen können.

Zwei Anwärter für die Kanzlerkandidatur

Während mit der im Januar 2017 vermeldeten Entscheidung von Sigmar Gabriel, den Weg für Martin Schulz als Parteichef und Kanzlerkandidaten für die Wahl am 24. September 2017 zu ebnen, war im Frühjahr 1997 noch nicht abzusehen, wer die Sozialdemokratie als ihr Vormann in den Bundestagswahlkampf 1998 führen sollte. Vor 20 Jahren hatten sowohl der in Saarbrücken amtierende Ministerpräsident des Saarlandes und SPD-Bundesvorsitzende, der im Mai 2005 zur linken Konkurrenz konvertierte Oskar Lafontaine, als auch der in Hannover residierende Ministerpräsident von Niedersachsen, Gerhard Schröder, Ambitionen den Langzeit-Regenten aus der CDU in der Regierungszentrale am Rhein abzulösen. Wer allerdings von den beiden damaligen Landesvätern den Vorzug erhalten sollte, beantworteten laut der Tageszeitung „Der Patriot“ vom 21. April 1997 weder Friedhelm Farthmann („Schröder ist ein attraktiver Kanzlerkandidat. Lafontaine ist ebenfalls voll geeignet“) noch Christoph Zöpel („Schröder sagt, Lafontaine sei der beste Parteivorsitzende seit Brandt. Also soll Lafontaine entscheiden, wer Kandidat wird“).

Positionierte sich Im April 1997 als ein Befürworter einer rot-grünen Koalition im Bund:Christoph Zöpel (rechts) im Bild mit dem Lippstädter SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Hans Zaremba. Archiv-Fotos (2): SPD-Ortsverein Lippstadt

„Wohin will die SPD?“

Vorausgegangen war dem Abend im April 1997 mit der herausfordernden Überschrift „Wohin will die SPD?“ die im Juni 1996 von Friedhelm Farthmann, von 1975 bis 1985 Landesminister in den Regierungen der von der SPD gestellten Ministerpräsidenten Heinz Kühn und Johannes Rau und von 1995 bis 2005 Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag, in seinem 240 Seiten umfassenden Buch „Blick voraus im Zorn“ formulierte Aufruf zu einem radikalen Neubeginn der SPD. Darin hatte der umtriebige Professor die nach der Landtagswahl im Mai 1995 in NRW gebildete rot-grüne Verbindung kritisiert. Während dem lange Jahre hinter Johannes Rau wichtigsten Sozialdemokraten in Düsseldorf weniger Übereinstimmung mit Grün als mit Schwarz nachgesagt wurde, galt sein einstiger Kabinettskollege Christoph Zöpel eher als ein Befürworter von rot-grünen Regierungen in den Ländern und im Bund. Durchaus interessante Aspekte für den SPD-Disput vor 20 Jahren. In der Person Falk vom Hofes hatte der SPD-Ortsverein Lippstadt bewusst einen Moderator außerhalb der SPD geholt, um keine der Positionen seiner Gäste zu verkleistern.

Publikum wurde einbezogen

Christoph Zöpel sah im April 1997 das Hauptproblem seiner Partei nicht personell, sondern inhaltlich: „Wir stehen mit dem Rücken an der Wand“, berichtete die „Westfalenpost“ über seinen Beitrag und nach dem „Patriot„-Artikel nannte der ehemalige Landesminister als Hauptgrund für die damals hohe Arbeitslosigkeit die Überindustrialisierung Deutschlands. Sein Kontrahent auf dem Podium, Friedhelm Farthmann, erklärte, die Arbeitnehmer müssten sich auf Reallohnverzichte einstellen, damit neue Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Dem versierten Radio-Mann Falk vom Hofe war es zu verdanken, dass es immer wieder für das Publikum Gelegenheiten gab, sich mit Fragen in die Debatte einzuschalten.

Hans Zaremba