Von der Kita bis zum Glockengeläut

Dialog zwischen Kirche und Sozialdemokratie

Zwei Fragen „Was verbindet die Evangelische Kirche und die Sozialdemokratie?“ und „Wo gibt es gemeinsame Anknüpfungspunkte?“ bestimmten im Wesentlichen den Verlauf eines Dialoges zwischen der Evangelischen Kirche in Lippstadt und den Sozialdemokraten aus der Kernstadt und im Stadtteil Cappel. Zugegen waren für die Kirche der Vorsitzende des Presbyteriums, Pfarrer Thomas Hartmann, und aus dem Jugendtreff „Shalom“ die Leiterin Christine Westermann mit ihren Kolleginnen Luise Borghoff und Kristina Krabel sowie seitens der SPD unter anderem die Abgeordneten im Bund, Wolfgang Hellmich, und Land, Marlies Stotz, der Vorsitzende des städtischen Jugendhilfe- und Sozialausschusses, Hans Zaremba, und SPD-Stadtverbandsvorsitzender Jens Behrens.

Dialog zwischen Kirche und Politik:Von links Pfarrer Thomas Hartmann von der Evangelischen Kirche sowie der Vorsitzende des städtischen Jugendhilfe- und Sozialausschusses, Hans Zaremba, und die Abgeordneten im Bund, Wolfgang Hellmich, und im Land, Marlies Stotz, aus der Sozialdemokratie.

Partnerschaft

Mit einem Blick auf die Formulierung im SPD-Programm zur Landtagswahl „Die christlichen Kirchen sind für uns beständiger Partner zur Ausgestaltung einer gerechten Gesellschaft“ wollte der Theologe Hartmann von seinen Gästen aus der Sozialdemokratie erfahren, wie die sie sich die Partnerschaft vorstelle. Dazu hob die Landtagsabgeordnete Marlies Stotz die mannigfachen und guten Beziehungen zwischen der Politik und den Kirchen speziell bei der frühkindlichen Bildung in den Kindertagesstätten und die immer noch in vielen kirchlichen Bereichen festzustellende Nähe zu ihren Gemeindeangehörigen hervor. „Diese Ansatzpunkte müssen wir auch für die Arbeit in den Quartieren nutzen, damit die Menschen nicht vereinsamen“, unterstrich die Landes- und Kommunalpolitikerin.

Überaus großes Interesse für einen interessanten Abend:Über 90 Minuten diskutierte die stattliche Runde von Sozialdemokraten mit ihren Gastgebern aus der Evangelischen Kirche.

Kirchengebäude

Aber auch andere Aspekte, wie der Erhalt historischer Kirchengebäude, der nach Auffassung des Architekten Albrecht Gubalke und Pfarrer Thomas Hartmann von der der kommunalen Stadtentwicklung als eine „primäre Aufgabe“ zu begleiten sei, und die alternative Nutzung von Kirchen, waren Themen des über 90minütigen Diskurs im Jugendtreff „Shalom“. Der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Hellmich, Mitglied im ständigen Ausschuss für Politische Verantwortung der Evangelischen Kirche in Westfalen, sprach sich in Anbetracht der teilweise komplizierten Rechtslage bei der Nutzung nicht mehr von der Kirche benötigter sakraler Bauwerke durch Dritte für ein unbürokratisches Vorgehen aus.

Engagiertes Damentrio aus dem ‚Shalom‘Von links Christine Westermann, Kristina Krabel und Luise Borghoff

Armut

Von Thomas Hartmann wurde auch „die drohende Armut vieler Familien“ thematisiert, die ihm Sorge bereite und für Kirche und Diakonie eine besondere Herausforderung darstelle. Für die Sozialdemokraten, so Hans Zaremba, zugleich ein Fingerzweig an die Politik, „in der Rentenpolitik alsbald tragfähige und dauerhafte Lösungen zu finden“. Überdies nahm das Engagement für die nach Lippstadt geflüchteten Menschen, aus deren Mitte auch viele Jugendliche das „Shalom“ als einen Ort der Begegnung gefunden hätten, einen breiten Rahmen in der Aussprache ein. „Es war schon eine erhebliche Veränderung für uns, als plötzlich über 90 Prozent männliche Besucher ins Haus kamen“, sagte Christine Westermann. Diesen Wandel habe man aber nur durch die breite Unterstützung etlicher ehrenamtlicher Kräfte meistern können und die Sozialpädagogin fügte hinzu: „Beziehungsarbeit ist das Schlüsselwort.“

Gruppenbild nach einem gelungenen Gespräch zwischen Kirche und Politik: Die Besucher aus der Sozialdemokratie und ihre Gastgeber aus der Evangelischen Kirche. Fotos (4): Karl-Heinz Tiemann.

Erfahrungen

Die Erfahrungen mit den jungen Geflüchteten in der Einrichtung der evangelischen Kirche führte auch zu einer Betrachtung des Islams und seiner Regeln, als der ehemalige Landtagsabgeordnete Karl-Heinz Brülle über seine Arbeit aus der Begleitung von Flüchtlingen in Lippstadt berichtete. „Auch wir werden nach unseren christlichen Bräuchen befragt“, schilderte der Ratsherr an ihm herangetragene Erkundigungen zum durch die Religionsfreiheit in Deutschland grundsätzlich geschützten Glockengeläut. Im Jahr des 500jährigen Jubiläums der von Martin Luther eingeleiteten Reformation galt es auch, sich über die Erneuerungen in der Kirche und dem gesellschaftlichen Wandel sowie die Strukturen der Evangelischen Kirche auszutauschen. „Gerade angesichts von manchen aktuellen Entwicklungen in Politik und Gesellschaft muss Kirche sich der Verantwortung eines Wächteramts stellen, das ihr nach biblischen und reformatorischen Verständnis zukommt“, betonte Pfarrer Hartmann.

Hans Zaremba