Ausgabe Dezember 2019: Gemütlicher Abend zum Jahresabschluss

Blick hinter einstige Klostermauern

Notizen zu einem Besuch von 60plus in Cappel von Karl-Heinz Tiemann

Einst stand hier, wo heute die Stiftskirche in Cappel anzufinden ist, eine fränkische Saalkirche, die um 1140 dem heutigen Kirchengebäude wich. Damals bot sie Platz für ein Prämonstratenser–Nonnenkloster. In der einstigen Musterschule wurde der Akzent auf Seelsorge und Mission gelegt. Diese Historie und weitere Fakten unter dem Titel „Macht und Pracht“ vermittelten Achim Mc Gready und Siegfried Rafalzik von der evangelischen Kirche einer Delegation von 60plus bei ihrem Besuch im Cappeler Stift. 

Macht und Pracht

Die Sozialdemokraten konnten Einblick nehmen in das sakrale Gebäude der Stiftskirche und wurden durch die Räume mit einer Fülle von Informationen über geschichtliche Hintergründe geleitet. Die Gastgeber Achim Mc Gready und Siegfried Rafalzik nahmen die Gruppe erzählerisch mit in die Geschichte der Gemäuer und berichteten anschaulich von der Macht und Pracht vor dem jenseitsorientierten mittelalterlichen Denken. Die Masse der Landbevölkerung musste ihren Lebenssinn in gottgefälligem Leben, in der Achtung der gottgesetzten Autoritäten, in gewissenhafter Erledigung ihrer Arbeiten und in Frondiensten für die sie beschützenden Adeligen entdecken. Die Macht der Adeligen und auch der Geistlichkeit wurde nicht in Frage gestellt. Durch Napoleon wurden im Sinne der Aufklärung in Preußen Frondienste und Erbuntertänigkeit 1811 beseitigt. Ein Zeichen, dass der Geist der Toleranz in Cappel angekommen war, zeigt sich in der Tatsache, dass 1851 im Stiftsgebäude eine private Schule eingerichtet wurde, in der für evangelische, katholische und Kinder jüdischen Bekenntnisses Platz war. Auch dass in der Zeit von 1859 bis 1865 die katholische Gemeinde die Stiftskirche für den Gottesdienst mitbenutzte, spricht für den zuvor angedeuteten Geist der Versöhnung der Konfessionen. Heute werden hier Gläubige aus allen Religionen willkommen geheißen. Für den Erhalt der Stiftskirche setzen sich sowohl der „Verein der Freunde der Stiftskirche e.V.“ als auch die Stiftung Stift Cappel ein. Die Stiftskirche in Cappel ist eine der ältesten dreischiffigen Pfeilerbasiliken in Westfalen. Ausgrabungen unter der Leitung des Westfälischen Amtes für Denkmalpflege von 1976-81 haben erwiesen, dass die Stiftskirche bereits eine Saalkirche – eine ‚capella‘ – als Vorgängerbau hatte. Von dieser ‚capella‘ leitet der Ortsteil Cappel seinen Namen ab. Der Grundriss des Gebäudes in Kreuzform beeinträchtigt einen gesamten Raumeindruck, gewährt allerdings dadurch auch immer wieder neue Perspektiven und Überraschungen.

Cappel am Donnerstag, 17. Oktober 2019: Eine Momentaufnahme vom Sozi-Besuch in Cappel.
Foto: Siegfried Rafalzik