Rote Lippe Rose intern – Nummer 8 aus 2021

Die Parteien als Träger der Demokratie

Karl-Heinz Brülle in 1971 über die Rolle des SPD-Ortsvereins

Bei den Recherchen für das Projekt 2021 – Geschichte der Lippstädter SPD – ist der Verfasser dieses Beitrages auf einen interessanten Artikel in der Zeitung „Der Patriot“ gestoßen, der vor einem halben Jahrhundert – am Montag, 9. August 1971 – mit der Überschrift „Die Parteien als Träger der Demokratie“ verbreitet wurde. Der Veröffentlichung zufolge referierte der vormalige Vorsitzende der Jungsozialisten (Jusos) im Kreis Lippstadt, Karl-Heinz Brülle (Jahrgang 1949), in der vom damaligen örtlichen Juso-Chef Ulrich Bunsmann (Jahrgang 1952) geleiteten Zusammenkunft der SPD-Jugend über das Thema „Die Rolle des SPD-Ortsvereins für die Jungsozialisten“.

Aufgabe der SPD-Ortsvereine

In seinen Ausführungen hob das spätere Landtagsmitglied (1985-1995) den Zusammenhang der von ihm zu behandelnden Materie mit der allgemeinen Situation in der Bundesrepublik hervor. So setzte sich der Referent zunächst mit der Demokratie im Verfassungssystem der Bundesrepublik auseinander. Durch die repräsentative Demokratie der deutschen Staats- und Gesellschaftsform würde auf die Parteien als Transmissionsriemen eine zentrale Aufgabe zukommen. Daher sei innerparteiliche Demokratie eine notwendige Voraussetzung für das Funktionieren der repräsentativen Demokratie. Auch sei das Maß an innerparteilicher Demokratie der Gradmesser für die Demokratie. Der Jungsozialist Charly Brülle wird von der örtlichen Tagesspublikation im August 1971 mit dem Satz „Diese innerparteiliche Demokratie ist Aufgabe der Grundorganisationen der Parteien, auch im besonderen Maße der SPD-Ortsvereine“ zitiert. Das zeige auch eine Analyse der bestehenden Parteitypen; in der Bundesrepublik seien dies die „Honoratiorenpartei und die demokratische Massenpartei“.

Erinnerung an den Bundestagswahlkampf 1972 (I): Karl-Heinz Brülle (links) und Ulrich Bunsmann (rechts), die als Jusos inzwischen im Lippstädter SPD-Ortsverein wichtige Funktionen übernommen hatten, bei einer Wahlveranstaltung in Lippstadt. In der Mitte befindet sich Wolfgang Kowoll, der später zum Vorsitzenden der SPD-Fraktion im Rat der Gemeinde Anröchte aufstieg.

Merkmale als Massenpartei

In der Bundesrepublik könne man diese beiden Typen nicht mehr klar unterschieden, meinte Karl-Heinz Brülle vor 50 Jahren beim Treffen der Jungsozialisten in der Begegnungsstätte der Arbeiterwohlfahrt. Während in der CDU und FDP Reste einer Honoratiorenpartei zu erkennen seien, zeige die SPD deutliche Merkmale einer Massenpartei. Demzufolge hätten die Grundorganisationen der SPD eine besondere Aufgabe bei dem Bemühen um basisnahe und demokratische Politik. Dies könne jedoch nicht geschafft werden mit einer Parteiorganisation, die zwar deutliche Merkmale aufweise, jedoch deren aktive Mitglieder die Zahl der Funktionäre abbilde. Daher gelte es den Schwund der aktiven Mitglieder aufzuhalten, forderte der Juso vor dem Start als langjähriger SPD-Funktionär (Vorsitzender des Ortsvereins und des Stadtverbandes sowie stellvertretender Unterbezirksvorsitzender).