1975 bis 2010

2000

Partei pflegt die Streitkultur

Schlagabtausch über die Modernisierung der SPD im August 2000

Dass der überraschende Rücktritt von Oskar Lafontaine vom Parteivorsitz im März 1999 die SPD in eine tiefe Krise gestürzt hatte, war auch in Lippstadt zu spüren, als sie bei der Kommunalwahl im Herbst 1999 auf einen Schlag drei Ratssitze verlor. Ähnliche Einbußen waren auch in anderen Städten zu beklagen. Ebenso führte die Erschütterung aus dem Frühjahr 1999 zum Verlust der Regierungsmehrheit im Saarland. So oblag es dem im Dezember 1999 zum ersten Generalsekretär in der Geschichte der SPD gewählten Franz Müntefering, die Partei wieder neu aufzurichten.

Pro und Kontra zu Delegierten

Die Überlegungen des aus Sundern stammenden und an der Lippe durch viele gemeinsame Treffen geschätzten Franz Müntefering zur Modernisierung der Sozialdemokratie nahm auch der Lippstädter SPD-Ortsverein im August 2000 auf, als er zu den Thesen aus dem Berliner Willy-Brandt-Haus im damaligen Lokal „Schmiede“ in der Fleischhauerstraße ein öffentliches Streitgespräch ausrichtete. Unter der Leitung des stellvertretenden SPD-Ortsvereinsvorsitzenden Udo Strathaus setzten sich die beiden ehemaligen Chefs der Lippstädter SPD-Fraktion, Karl-Heinz „Charly“ Brülle (Pro) und Dr. Franz Walter „Franny“ Henrich (Kontra) mit dem „Delegiertensystem“ in der SPD auseinander. Während „Charly“ eine Lanze für diese Entsendungen brach, plädierte „Franny“ für eine ausgedehnte Basisdemokratie. Auch elf Jahre später ist das Thema aus dem Sommer 2000 noch aktuell.

Momentaufnahme vom Stadtparteitag der Sozialdemokraten in Lipperode.Erika Martin, Dieter Spangardt und Heinfried Heitmann waren drei von neunzehn Delegierten des Lippstädter SPD-Ortsvereins. Würde in Lippstadt das Delegiertensystem wegfallen, könnten wesentlich mehr Genossinnen und Genossen aus der Kernstadt die politischen Entscheidungen der SPD beeinflussen.

Öffnung für Nichtmitglieder

In einer zweiten Runde debattierte die Versammlung über die Frage, ob auch Personen außerhalb der Sozialdemokratie stärker in die Parteiarbeit einbezogen und auch für politische Mandate nominiert werden sollen. Während der in Lippstadt durch die Schaffung der Plastik in Erinnerung an „Flöten-Ewald“ bekannte Künstler Manfred Feith-Umbehr entschieden für diese Öffnung eintrat, meldete der ehemalige Ratsherr und damalige Vizevorsitzende der Kernstadt-Sozialdemokraten, Bernhard Scholl, gegenüber dieser Möglichkeit seine Vorbehalte an. Unterdessen haben die Lippstädter Sozialdemokraten mit der Aufstellung von Josef Niehaus bei der Ratswahl 2009 im Südwesten zum ersten Mal in ihrer Geschichte einen Parteilosen aufgestellt.