Kulturelle Strukturen sind systemrelevant

Von Sabine Pfeffer für „Lippstadt am Sonntag“

„Lippstadt hat sich ein Kulturelles Leitbild gegeben, dieses gilt es jetzt auch konsequent weiterzuführen. Die kulturelle Identität einer Stadt ist wichtig als Standortbestimmung ihrer Bewohner, aber genauso auch für Neubürger und Menschen mit Migrationshintergrund. Kulturelle Wurzeln wollen gelernt sein, denn sie dienen unserem Zusammenleben. Hier möchte ich einen weiteren Schwerpunkt meiner Arbeit als Bürgermeisterin setzen.“ Mit diesen einleitenden Zeilen eröffnet die SPD-Bürgermeisterkandidatin Sabine Pfeffer ihren Namensartikel zum Thema Kultur in der Ausgabe von „Lippstadt am Sonntag“ am heutigen Sonntag, 9. August 2020.

Geschichtsträchtige Bauwerke erhalten: Dies ist ein Ziel von Sabine Pfeffer als Lippstädter Bürgermeisterin. Dazu gehört für sie auch das einstige Betriebsgebäude der Hella in der Hospitalstraße, das als Musemsdepot ein Bestandteil für die Kulturarbeit in Lippstadt werden soll.
Foto: Mathias Marx

Kulturelle Identität

Diese kulturelle Identität muss aber erst mal definiert werden: wo kommen wir her, was macht uns aus, gerade hier in Lippstadt, und wie wollen wir uns nach außen darstellen? Was ist unsere Botschaft? Was wir brauchen ist ein ganzheitliches Konzept, wo alle Kulturschaffenden sich wiederfinden, Unterstützung und Hilfe erfahren und gemeinsam nach außen wirken können, zusammen mit den städtischen Einrichtungen und Institutionen.
Früher hieß es, Kultur für alle, um die Teilhabe an Kultur hervorzuheben, also es jedem möglich zu machen Kultur zu „konsumieren“. Heute ist man sich einig, dass Kultur von allen der Weg in die Zukunft ist. Die Menschen möchten nicht mehr nur konsumieren, sie möchten auch selber mitbestimmen und mitgestalten, was die Kulturangebote vor Ort angeht. Das aber verlangt Vernetzung und Unterstützung der verschiedenen Beteiligten. Ich möchte dafür eine/n Kulturmanager-in einstellen, der/die genau diese Funktion übernimmt und dadurch auch der Kultur in der Verwaltung einen neuen Stellenwert gibt. Kultur ist eine Querschnittsaufgabe, spielt in die Bauverwaltung, in die Bildung und in den Sozialbereich hinein. Das muss auch in der Verwaltungsstruktur sichtbar werden, also auf Augenhöhe mit anderen Fachbereichen und eventuell sogar wieder mit einem eigenen Ausschuss. Kultur umfasst alle Bereiche des menschlichen Tuns, dies müssen wir besser in einer nachhaltigen Politik verankern. Es geht um Baukultur, also Stadtentwicklung, auch als Mitglied der historischen Stadtkerne, aber genauso gut auch um moderne Architektur. Freiraum soll so gestaltet werden, dass er der gesamten Bevölkerung dient. Das heißt, es braucht auch mehr kulturelle Angebote in der Stadt.  Kulturelle Bildung ist eine grundlegende Aufgabe einer Kommune. Dies will ich weiter unterstützen und ausbauen. Wir müssen die städtischen Angebote und die freischaffenden Künstler und Kulturschaffenden besser vernetzen und nachhaltiger fördern.

Geschichte und Moderne

Lippstadt hat einmalige und geschichtsträchtige Bauwerke, die es zu erhalten gilt. Nur so können wir unsere Identität verstehen,  aber auch besser vermarkten. Gemeinsam mit allen Beteiligten möchte ich die Innenstadt als Ort der Geschichte erlebbar machen. So auch die Orte, die jetzt in Vergessenheit geraten sind, wie die Stiftsruine, die Synagoge, den Remter oder alte Industriebauten, wie die einstige Betriebsstätte der Westfälischen Metall-Industrie AG (WMI) in der Hospitalstraße. In moderner Umgebung, mit innovativen Konzepten an die Gegenwart angepasst, digital aufbereitet in einer App zum Beispiel können wir unsere Geschichte so erlebbar machen und in die Zukunft tragen. Gerade junge Menschen, Kinder und Jugendliche sind das kreative Potenzial einer Stadt. Hier brauchen wir mehr künstlerische Angebote wie Jeki (Jedem Kind ein Instrument), oder dem Kulturrucksack. Ich möchte gerne noch mehr Angebote schaffen, unter anderem eine Kreativschule. In ihr könnten Kinder und Jugendliche musizieren, malen, schreiben, schauspielern, basteln, den Umgang mit Computern und der Digitalisierung  kennenlernen und sich ausprobieren. Bandräume gehören auch dazu, damit es Möglichkeiten gibt, sich musikalisch auszutoben. Es braucht eine neue Potenzialentfaltungskultur. Unabhängig vom Geldbeutel der Eltern müssen junge Menschen sich kreativ ausprobieren können, um später diese kreativen Ideen an die Gesellschaft zurückzugeben. Hier steckt ein Potenzial, das unsere Stadtgesellschaft reicher machen kann als Steuereinnahmen.

Szene und „Subkultur“

Aber auch die Angebote an Kultur für junge Menschen sind zu verstärken. Konzerte oder Festivals gehören zum Alltag der Jugend und da gab es bis jetzt sehr wenig Angebote, dies möchte ich ändern. Lippstadt braucht auch eine „Szene“ und Subkultur, nur das macht eine Stadt lebendig und bunt. Unser Stadtmuseum endlich wertschätzen. Lippstadt hat ein Stadtmuseum, das auch überregional ein Kleinod der Baukunst ist. Schon das Gebäude an sich ist ein Museum an Zeitgeschichte. Bürgerliches Leben ist hier allein an Decken und Wänden zu erleben, wie auch der Reformismus hier zum 1. Mal in Lippstadt in einem Raum gefeiert wurde. Ein solches Haus muss im Besitz der Stadt bleiben und vor allem endlich wertgeschätzt werden. Dort können Einwohner, Besucher und Neubürger lernen, wie Lippstadt sich entwickelt hat, wo die Wurzeln sind und wie die Zeiten sich verändert haben. Sich im hier und jetzt einordnen kann man nur durch gelernte Geschichte. Daher brauchen wir endlich ein Museumskonzept und die Bereitschaft, unser Schatzkästlein angemessen in die Zukunft zu führen. Das Haus muss endlich in einen Stand gesetzt werden, den es auch verdient, und in dem wir es auch endlich wieder vernünftig und angemessen betreiben und  somit auch vermarkten können, für uns Bürger, für Schüler und auch für Touristen und Besucher. Dazu müssen wir ein Konzept entwickeln, mit dem wir – an zwei Standorten oder zentral – unserer Museumsarbeit besser gerecht werden können. Hierfür werde ich mich einsetzen.

Gemeinschaftsgefühl und Zusammenhalt

In der Coronakrise haben wir gemerkt, wie sehr wir Kultur vermissen, wenn sie denn nicht mehr angeboten wird. Wir brauchen das Gemeinschaftsgefühl, ein gemeinsames Erleben eines Konzerts, einer Aufführung, einer Ausstellung. Es dient dem Austausch und dem Zusammenhalt in einer Stadtgesellschaft. Deshalb müssen wir dringend die Förderlandschaft untersuchen und den aktuellen Erfahrungen anpassen. Es ist zu überdenken, wo wir nachhaltig Leistungen einfordern wollen, um sie dadurch auch nachhaltig unterstützen zu können. Gleichzeitig muss die Kultur- und Kreativwirtschaft aber auch endlich als Wirtschaftsfaktor anerkannt, und auch in diesem Sinne mit betrachtet werden. „Kultur braucht eine Lobby.“ Mit diesem Satz hat die SPD in 2014 zum Kulturforum eingeladen. Hier haben Bürger und engagierte Kulturschaffende von unten nach oben eingefordert, was für sie in Lippstadt fehlt, besser gemacht oder gefördert werden soll. Noch stehen viele Punkte auf der Agenda, die abgearbeitet werden müssen. Diese Ergebnisse möchte ich weiterhin gemeinsam mit allen Interessierten bearbeiten. Ich möchte der Kultur den Stellenwert geben, den sie verdient in unserer Stadt. Für unsere Bürger, für alle Engagierten, aber auch für Besucher und weit über Lippstadts Grenzen hinaus. Sie alle haben das verdient.