Ausgabe Nr. 4/2008: Bundestagswahl 2009 im Blick

Parteigeschichte

Ein politisches Leben mit einer Station in Lippstadt

Eine Erinnerung an Sozialdemokratin Annemarie Renger

Da derzeit bei den Sozialdemokraten im Kreisgebiet das Findungsverfahren für die Nachfolge von Eike Hovermann als SPD-Kandidat bei der Bundestagswahl 2009 durchgeführt wird, erinnern sich noch etliche Zeitzeugen an die Jahreswende von 1985 und 1986, als das Erbe von Engelbert Sander als Bundestagsmitglied zu ordnen war. Damals war Annemarie Renger, Bundestagspräsidentin von 1972 bis 1976, eine Bewerberin, die von den Lippstädter Sozialdemokraten zur Kandidatur im Wahlkreis Soest eingeladen wurde. Vor zwei Wochen ist die resolute SPD-Politikerin in Oberwinter bei Bonn im Alter von 88 Jahren verstorben.

Unterwegs im Wahlkreis.Annemarie Renger als Modell bei angehenden Hairstylistinnen und Kosmetikerinnen. Mit im Bild die Vizelandrätin Elisabeth Kuppert, die bei fast allen Terminen der prominenten Bundespolitikerin im Kreisgebiet zugegen war.

Idee von Engelbert Sander

Es war gerade Herbstwoche, als Engelbert Sander im Oktober 1985 seinen politischen Freunden Annemarie Renger als künftige Wahlkreisabgeordnete empfahl. Zuvor hatte der ursprünglich von der Lippstädter SPD als Nachfolger von Engelbert Sander vorgeschlagene Eike Hovermann erklärt, für die Wahl im Januar 1987 nicht zur Verfügung zu stehen. Andere Ortsvereine favorisierten den damaligen Unterbezirkschef und seinerzeitigen Bürgermeister von Welver, Klaus Theo Rohe, als Parlamentsvertreter. Mit dem von Engelbert Sander eingefädelten Coup war plötzlich eine völlig neue Situation entstanden. Für Annemarie Renger und Klaus-Theo Rohe begann in den 14 Gemeinden und Städten des Kreises ein kurzer, interessanter und spannender parteiinterner Wahlkampf.

Ende in Wickede

Auf der denkwürdigen SPD-Konferenz in Wickede am 31. Januar 1986 siegte der Welveraner vor der langjährigen Bonner Parlamentarierin. Weder vor noch nach Wickede hat es je einen so großen Auflauf von Journalisten bei einem kreisweiten SPD-Treffen gegeben. Die Schar der Medienleute reichte vom Korrespondenten des Westdeutschen Rundfunks bis zu Klaus Dreher, dem Leiter des Bonner Büros der Süddeutschen Zeitung. Während Annemarie Renger im Sommer 1986 auf der SPD-Landeskonferenz in Paderborn mit dem guten dritten Platz auf der Reserveliste ausgestattet wurde und 1987 ihre letzte Legislaturperiode antreten konnte, hat Klaus Theo Rohe die Wickeder Nominierung nicht zu einem Bundestagssitz verholfen. Beim Wahlgang von 1987 mit Johannes Rau als Kanzlerkandidat reichte sein Listenplatz nicht aus, um ins Parlament zu gelangen. Auch 1990, wo der Mann aus Welver noch einmal antrat, blieb ihm ein Abgeordnetenmandat versagt.